Loss of Rhodes as told by Albert Berg, 1862.
Source: “Die Insel Rhodus: Aus eigener Anschauung und nach den vorhandenen Quellen historisch, geographisch …” by Albert Berg, 1862.
Philipp Villers de L’Isle-Adam 1520 bis 1522.
Bei der nun folgenden Meisterwahl vereinigten sich die meisten Stimmen auf Philipp Villiers de l'Isle Adam, welcher das traurige Loos haben sollte, der letzte christliche Herr von Rhodus zu sein. Nicht persönliche Untüchtigkeit, nicht Mangel an Thatkraft und Aufopferung von seiner oder der Brüder Seite verursachten den Verlust der Insel, Villiers war im Gegentheil ein Mann von ungewöhnlichen Gaben, grosser Umsicht und unüberwindlicher Standhaftigkeit, voll von dem Gefühl für Pflicht und Ehre, und von ungemessener Hingebung für das Wohl seines Ordens; er und seine Brüder leisteten bei der Vertheidigung das Unmögliche, aber die unüberwindliche Macht der Ereignisse vereitelte alle Anstrengungen. Doch ward der Ruhm der tapferen Schaar durch den unglücklichen Ausgang nicht vermindert; Karl V. brach bei der Nachricht von dem Falle der Insel in die Worte aus: Es sei nie etwas so ehrenvoll verloren worden als Rhodus.
Villiers de l'Isle Adam befand sich zur Zeit seiner Erwählung in Frankreich. Er scheint die Gunst Franz I. gehabt und sie zum Besten des Ordens benutzt zu haben; in einem von Beaume aus an den Schatzmeister Robertet gerichteten Schreiben erwähnt er, der König habe ihm erlaubt zu fordern, was er zu seiner Reise brauche; er bitte aber nur um einige hundert Centner Salpeter, die ihm wahrscheinlich nöthiger sein würden als alles Andere. In einem späteren Briefe aus Chalons an denselben dankt er für die Erfüllung seines Wunsches. Mancherlei Widerwärtigkeiten scheinen Villiers' Abreise verzögert zu haben; er beklagt sich bitter gegen den Admiral Bonnivet darüber, dass man, allem Herkommen zuwider, die Ladung seiner Schiffe besteuern wolle, gegen Franz I., dass ein gewisser Bernardin, dem er 4000 Francs zur Ausrüstung seiner Schiffe gegeben habe, damit er ihn begleite, jetzt den Dienst des Königs vorschütze und seiner Verbindlichkeit nicht nachkommen wolle, während er doch ohne dieses Geleit bei der Unsicherheit der Meere die Reise gar nicht antreten könne.
Die ganze Fahrt war sehr unglücklich; zuerst gerieth das Fahrzeug des Grossmeisters durch Unvorsichtigkeit eines Küchenjungen in Brand, und es entstand eine grässliche Verwirrung; auf Villiers' Befehl durfte Niemand das Schiff verlassen, und die Mannschaft bemeisterte nach grossen Anstrengungen die Flammen. Nicht lange darauf wurde das Geschwader von einem furchtbaren Gewittersturm überfallen; der Blitz schlug in das Schiff des Grossmeisters, tödtete neun Menschen, und zerknickte sein Schwert, ohne die Scheide zu verletzen, ein Ereigniss, das von seiner Umgebung als übles Vorzeichen gedeutet wurde. In Syracus, wo die Havarien ausgebessert wurden, lief die Nachricht ein, dass der berüchtigte Pirat Curtogli, der unter Soliman's Schutz in jenen Meeren sein Wesen trieb, dem Geschwader bei Cap Malea auflauere. Villiers passirte die Stelle bei Nacht und langte glücklich in Rhodus an; der Freibeuter verfolgte ihn bis vor den Hafen und griff dort ein candiotisches Schiff an, musste aber vor den Galeeren des Ordens das Weite suchen.
Soliman hatte unterdess Belgrad erobert. Im Osten gehorchte ganz Kleinasien, Syrien und Aegypten seinem Scepter, und es war in der That ein Vorwurf für die türkischen Herrscher, dass das kleine Rhodus noch immer ihrer Macht trotzte, um so mehr als die Ritter und die Corsaren unter ihrem Schutze fortwährend die benachbarten Küstenorte plünderten, Tausende von Türken in die Sclaverei schleppten. Ramadan, Soliman's Arzt, sagt in seiner Beschreibung des folgenden Feldzugs, die Verbindung der Hauptstadt mit den syrisch-ägyptischen Provinzen sei durch die Seemacht der Rhodiser fast gänzlich abgeschnitten gewesen, und gibt eine schreckliche Schilderung von ihrer Härte und Grausamkeit gegen die Sclaven, und den grässlichen Gefängnissen, wo sie verwahrt wurden. Aehnlich schreibt der Comthur Jaque de Bourbon in seinem Berichte von der Belagerung:
„Solyman considerant et cognoissant par expérience, que en toute la Chrétienté ne a lieu ne place de quelque qualité ou sorte qu'on la sceut nommer, qui fist l'ennuy dommaige et oultrage audict Turcq et ses sujets que faisait cette pauvre Réligion chevalereuse, residente pour lors audit Rhodes .. et ayant journellement plainctes, lamentations et crys de ses subjects, tant de Turquie que de Syries, de prinses que faisoient journellement ceux de la dite religion, par mer et par terre, de leurs personnes et biens, au moyen de quoi estoient tellement contraints qu'ils ne pouvoient plus gugères naviger; et que plus est, en son particulier se trouvoit ledit Turcq très-fort empêché et troublé en tant que touchoit le gouvernement de la Syrie, parce que par mer est le chemin le plus expédient et bref (obstant ce que dessus est dit) ne pouvoit bonnement dresser sans dépenses excessives; ainsi estoit contraint entretenir continuellement grosse armée de mer pour le traffic de la Turquie en Syrie."
Bald nach seiner Ankunft in Rhodus erhielt Villiers folgenden Brief vom Sultan:
„Soliman, von Gottes Gnaden König der Könige, Herrscher der Herrscher, grosser Kaiser von Byzanz und Trapezunt, mächtiger König von Persien, Arabien, Syrien, Aegypten, Oberherr von Europa und Asien, Fürst von Mekka und Haleb, Besitzer von Jerusalem und Beherrscher des Weltmeeres, an Philipp Villiers de l'Isle Adam, Grossmeister der Insel Rhodus, Gruss.
Ich wünsche Dir Glück zu Deiner neuen Würde und zur Ankunft in Deinen Staaten, ich wünsche dass Du glücklich und noch ruhmreicher als Deine Vorgänger regieren mögest. Es wird nur an Dir liegen, ob Du unserer Gunst theilhaftig werden willst. Freue Dich unserer Freundschaft und zögere nicht, uns als Freund Deine Glückwünsche zu unseren Eroberungen in Ungarn zu senden, wo wir uns zum Herrn der wichtigen Festung Belgrad gemacht haben, nachdem wir alle die, welche sich uns zu widersetzen wagten, die Schärfe unseres Schwertes haben fühlen lassen."
Dieser und die folgenden Briefe Soliman's sind aus Reussner's Sammlung,,Epistolarum thurcicarum variorum autorum" in mehrere Geschichtswerke übergegangen; wenn auch der Mangel genauer Daten und der Formen, deren sich die ottomanische Diplomatie gewöhnlich bediente, vermuthen lässt, dass sie aus dem Gedächtniss niedergeschrieben, nicht von den Originalen copirt sind, so kann man doch bei ihrer Uebereinstimmung mit den geschichtlichen Thatsachen und namentlich mit dem folgenden authentischen Briefe Villiers' an Franz I. nicht an der Aechtheit des Inhalts zweifeln.
Der Grossmeister schreibt:
,,Sire, despuys la partence du navire qu'a pourté voz saires, le Turq a mandé ici ung sien poste avec ses lectres escriptes à Belgrade le Xe du passé, par lesquelles soubz coulleur d'amytié nous advise qu'il a prins par force le dit Belgrade, Lambas et Xemini, et tous ceulx qui se sont trouvez dedans faict passer par l'espée. Dit aussi qu'autres cinq places se sont rendues à luy, le peuple desquelles a envoyé esclave à Constantinoble, et icelles places bruslées et ruynées. Encores dit qu'il a esté trois moys en Ongrie, en une province nommé Servein, en laquelle n'a trouvé aucune resistance, pour combattre contre le roy d'Ongrie, comme estoit son désir, et pour ce que l'yver s'aprouchoit, dit retournoit à son siège.
Sire despuys qu'il est Grand Turq, ceste-cy est la première lectre, qu'il a envoyé à Rhodes, laquelle n'acceptons pour signiffiance d'amytié, mais plustôt pour une menasse couverte; et nous donne pensement qu'ayons à demeurer tousjours mieulx pourveuz, ce que ferons tant qu'il nous sera possible, affin que s'il a malvaise volunté contre nous, nous treuve en ordre pour nous bien deffendre, moyennent, Sire, vostre bonne aide. De ce que surviendra tousjours vous en advertiray comme celluy en qui est toute nostre espérance.
Sire je prie le Créateur vous donner très-bonne vie longue et le comble de voz aulz et excellens désirs. De nostre ville de Rhodes, le XXVIIIe jour d'octobre. Vostre très-humble et obéissant subject et serviteur, le maistre de Rhodes. Philipp de Villiers l'Yle Adam.”
In der That schien Soliman's Brief mehr eine Drohung als ein Glückwunsch. Die im Ordensrath beschlossene Antwort soll gelautet haben:
,,Bruder Philipp Villiers de l'Isle Adam, Grossmeister von Rhodus, an Soliman, Sultan der Türken.
Ich habe sehr wohl den Sinn des Briefes verstanden, welchen Dein Gesandter mir überbracht hat. Deine Friedensanerbietungen sind mir eben so angenehm, als sie den Curtogli verdriessen werden. Dieser Pirat hat Alles aufgeboten, um mich auf meiner Ueberfahrt von Frankreich her zu überfallen. Da es ihm nicht gelang, und er sich doch nicht zum Rückzuge entschliessen konnte, ohne uns Schaden zugefügt zu haben, so hat er sich an der lycischen Küste verborgen und dann versucht zwei Kaufmannsschiffe, die eben aus unserem Hafen ausliefen, fort zunehmen. Auch griff er ein candiotisches Fahrzeug an, aber die Galeeren des Ordens, die ich auslaufen liess, haben ihm seine Beute abgejagt, und aus Furcht, selbst in unsere Gewalt zu fallen, hat er sein Heil in einer schnellen Flucht gesucht. Lebe wohl.”
Fest beschlossen scheint bei Soliman die rhodische Unternehmung damals noch nicht gewesen zu sein; die nächste Veranlassung des Feldzugs ging, nach dem Zeugniss des Bosio und des Comthurs von Bourbon, von jenem portugiesischen Ritter Andrea d'Amaral aus, welcher unter des Emeri d'Amboise Magisterium mit Villiers den Zug nach dem Golfe von Ajazzo befehligte. Er soll über die Wahl Philipp's zum Grossmeister in die bitterste Wuth gerathen sein und schon damals Aeusserungen gethan haben, die Verrath befürchten liessen, unter Anderem die drohende Prophezeiung, Villiers werde der letzte Grossmeister von Rhodus sein; durch einen Türkensclaven, den er, unter dem Vorwande, sein Lösegeld zu holen, fortsandte, habe er einen Brief an Soliman befördert, mit der Aufforderung, Rhodus anzugreifen, mit einer genauen Beschreibung der Schwächen des Platzes und aller dortigen Verhältnisse. Der Sclave kehrte zurück, und obgleich der Fall sonderbar schien, dass ein Türke in seine Heimath entlassen wurde und zurückkehrte, so schützte doch d'Amaral's hohe Stellung er war Grosskanzler des Ordens ihn vor jedem Verdacht.
In Soliman's Kriegsrath waren die Meinungen über den Feldzug getheilt. Der alte Peri Pascha stimmte dagegen und mahnte zur Vorsicht; Mustapha Pascha, des Sultans Schwager, voll Feuer und Thatenlust, bot alle Künste der Ueberredung auf, um Soliman zum Kriege zu bewegen. Peri vermochte seinen Herrn zu einem neuen Versuch, die Ritter zu einer unterwürfigen Haltung zu bringen. Theils zu diesem Zwecke, theils um einen Botschafter aus der Zahl der Ritter nach Constantinopel zu ziehen, von dem er Aufschlüsse über die Lage des Ordens erlangen könnte denn jenen Brief hatte der Grossmeister absichtlich durch einen Griechen geringen Standes an Soliman gesendet schrieb dieser nochmals an Villiers, indem er den Empfang seines Schreibens ignorirte.
„Man hat uns versichert, dass der Brief, den unsere Grösse an Dich geschrieben hat, Dir übergeben worden ist, und dass er Dir mehr Schreck als Freude bereitet hat. Sei überzeugt, dass ich mich nicht mit der Einnahme von Belgrad begnügen werde; in Kurzem habe ich vor, eine andere eben so wichtige Eroberung zu machen, wie Du bald gewahr werden sollst. Du und Deine Ritter, Ihr liegt mir immer im Sinn.”
Die Antwort war folgende:
„Ich freue mich, dass Du Dich meiner und meiner Brüder erinnerst. Du redest von Deiner Eroberung in Ungarn und gibst mir Deine Absicht kund, einen neuen Feldzug zu unternehmen, von welchem Du denselben Erfolg hoffest; aber bedenke, dass von allen menschlichen Unternehmungen diejenigen die unsichersten sind, deren Erfolg das Glück der Waffen entscheidet."
An Peri Pascha schrieb Villiers zu gleicher Zeit, dass, wenn sein Herr wirklich den Frieden wolle, er ihm nur Geisseln oder wenigstens einen Geleitsbrief für den Botschafter senden möge, welcher dann sogleich nach Constantinopel abgehen solle.
Der Grossmeister hatte indess ein ernstliches Zerwürfniss im Schoosse des Ordens zu bekämpfen; Adrian VI hatte willkürlich mehrere italienische Commenden an seine Günstlinge vergeben, und die in Rhodus anwesenden Ritter dieser Zunge forderten von Villiers die Erlaubniss, sich sämmtlich nach Rom begeben und dort ihre Klagen persönlich anbringen zu dürfen. Der Meister, welcher seine kleine Schaar nicht schwächen durfte, schlug es ihnen ab, und die ganze Zunge sagte sich, wie es heisst auf d'Amaral's Anstiften, vom Orden los. Die Rädelsführer der Empörung gingen nach Candia, und wurden deshalb vom Orden ausgestossen. Aber die herannahende Gefahr scheint Alle mit besserem Geiste erfüllt zu haben; freiwillig stellten sich die Abtrünnigen, Alle baten ur. Gnade und wurden wieder aufgenommen.
Bald nach Absendung des letzten Briefes an Soliman ward eine Brigantine des Ordens von türkischen Schiffen fortgenommen, was man als eine Kriegserklärung ansah. Villiers traf seine Maassregeln. An alle rhodischen Corsaren erging der Befehl, an alle übrigen christlichen die Aufforderung, nach Rhodus zu kommen; sie wurden sämmtlich vom Orden in Sold genommen. Die Festung ward in Vertheidigungszustand gesetzt, die Umgebungen rasirt, die Brunnen vergiftet, zur Inspicirung der Vorräthe Commissarien bestellt, unter welchen auch d'Amaral genannt wird, der für das Pulvermagazin zu sorgen hatte. Getreide erhielt man aus Sicilien, Wein aus Candia, wo es dem Serventen Bosio, dem Onkel des Chronisten, gelang, 400 Mann für den Dienst des Ordens anzuwerben, und trotz des Verbots des venetianischen Statthalters nach Rhodus hinüberzuführen; sie wählten unter Bestätigung des Meisters den Bosio zu ihrem Anführer. Die rhodischen Schiffsrheder organisirten aus ihren Matrosen eine Miliz, welche mit dem Dienst im Hafen betraut wurde. Im April 1522 fand eine Musterung sämmtlicher Ordensbrüder zu gleicher Zeit statt, wo, wie ausdrücklich erwähnt wird, Alle in der rothen Superweste erscheinen und schwören mussten, dass Rüstung und Waffen ihr Eigenthum seien. Jeder erhielt zwei Ducaten, um seine Equipirung zu vervollständigen. Auch die waffenfähigen Bürger und Seeleute wurden gemustert, und die Gesammtzahl der Vertheidiger belief sich auf etwa 5000, darunter 600 Ordensbrüder.
Das Ordenspanier erhielt der Ritter de Grolée, eine andere Fahne mit dem Crucifix, die Innocenz VIII. nach der letzten Belagerung an d'Aubusson geschickt hatte, trug ein Neffe des Meisters, dessen eigenes Banner, das Ordenswappen mit dem seiner Familie quadrirt, der Bruder Henrico Mansello. Beide Letztere begleiteten stets den Grossmeister in den Kampf, wohin ihm auch eine auserlesene Leibwache von hundert Mann in seiner eigenen Livree folgte. Der Hafen ward ausser mit der gewöhnlichen Kette vom Naillacsthurm bis zum Mühlendamm noch durch einen schwimmenden Damm aus zusammengefügten Balken gesichert, der sich vom Schlosse St. Nicolas quer über bis zum Castell des Mühlendammes erstreckte. Hier wurden, um den Hafenzugang zu verengen, mehrere Schiffe mit Steinen in's Meer versenkt.
Die Türken pflegten, wenn sie sich mit den Rittern in Verbindung setzen wollten, am gegenüberliegenden Festlande bei Portofisco ein Feuersignal zu geben; ein solches ward eines Tages von Rhodus aus bemerkt, und Villiers sandte sogleich seine Brigantine unter dem Befehle des Ritters François Mennetou ab, welchem der Rhodiser Jaxi, Schreiber der Hauptgaleere des Ordens, als Dolmetscher dienen sollte. Diesen lockten die als Kaufleute verkleideten türkischen Soldaten an's Land, nahmen ihn fest, und schleppten ihn, um Kundschaft zu erpressen, nach der Hauptstadt; ein Türke, der prächtig gekleidet dem Ritter als Geissel überliefert war, erwiess sich als ein einfältiger Mensch geringen Standes und werthloses Unterpfand. Einige Zeit darauf wurde das Signal wiederholt und abermals ein Fahrzeug nach der Küste gesendet; da der Befehlshaber, neuen Verrath fürchtend, diesmal nicht landen wollte, so warfen ihm des Sultans Boten ein Packet in das Schiff, welches folgende Aufforderung Soliman's enthielt:
,,Sultan Soliman, durch Gottes Gnade mächtiger Kaiser von Constantinopel, beider Persien, Arabiens, Syriens, Mekkas und Jerusalems, Herr und Besitzer Asiens, Europas, ganz Aegyptens und des Meeres, dem sehr ehrwürdigen Vater und Bruder Philipp, Grossmeister von Rhodus, seinen Räthen, seinen Mitbürgern, hohen und geringen, würdigen Gruss.
Ihr habt an unsere Kaiserliche Majestät Euren Boten George Servan mit Briefen geschickt, deren Inhalt wir wohl verstanden haben, deshalb senden wir Euch jetzt diesen Befehl und bedeuten Euch unsere Meinung, dass wir die Insel haben wollen, wegen der grossen Beschädigung und Uebelthaten, die wir fortwährend von ihr zu leiden haben; übergebt Ihr sie und die Festung unserer Kaiserlichen Majestät gutwillig, so schwören wir bei dem Gotte, der Himmel und Erde gemacht hat, bei unseren 26,000 Propheten, bei den vier Musaphis, die vom Himmel gefallen sind, und bei unserem ersten Propheten Mahomed, dass Alle, die sich auf der genannten Insel befinden, Grosse und Geringe, keinen Schaden noch Gefahr von unserer Kaiserlichen Majestät zu befürchten haben, und dass Alle die sich anders wohin begeben wollen, mit ihrer Familie und ihrem Eigenthum freien Abzug haben sollen. Und wenn Jemand von Vornehmen in unseren Sold treten will, so wollen wir ihn annehmen und ihm bessere Stellung geben als er zuvor hatte.
Und wer auf der Insel bleiben will, der soll dort nach alter Gewohnheit und noch viel besser leben. Wollt Ihr nun die Beschwörung dieses Vertrages entgegennehmen, so sendet unverzüglich Euren Bevollmächtigten mit Briefen an unsere Kaiserliche Majestät, wo nicht, so seid versichert, dass wir schon mit aller Kriegsrüstung bei Euch sind, und mag der Erfolg sein wie Gott will. Wir haben Euch hiervon benachrichtigen wollen, damit Ihr nicht sagen könnt, wir hätten Euch nicht gewarnt, und wenn Ihr Euch in die genannten Bedingungen nicht ergeben wollt, so werden wir Euer Schloss vom Grund aus zerstören lassen, werden Euch zu Sclaven machen und Euch einen schlimmen Tod bereiten, nach dem göttlichen Willen, wie wir es schon vielen Anderen gethan haben, davon seid überzeugt. Gegeben am Hofe unserer Kaiserlichen Majestät in Constantinopel (am 1. Juni).”
Villiers beantwortete diesen Aufruf gar nicht und sah Soliman's Ankunft ruhig entgegen. Er liess das Madonnenbild vom Phileremos wieder in die Stadt schaffen, proclamirte das Kriegsgesetz und ernannte vier Ritter zu sogenannten Agozzini oder Oberrichtern. Alles war mit Muth und Hoffnung erfüllt. Die Bewohner von Rhodus, obgleich meistens dem griechischen Ritus folgend, waren dem Orden mit Treue ergeben, der griechische Erzbischof wetteiferte mit dem lateinischen in Ermahnungen an das Volk, beide lebten in vollkommenster Eintracht.
Am 24 Juni erschien die Vorhut der türkischen Flotte, am 27 das Hauptgeschwader. Es war grade der Frohnleichnamstag, und die Procession des Corpus domini machte in herkömmlicher Weise die Runde um die Stadt, während die feindlichen Schiffe kanonirend an dem Hafen vorbeidefilirten. Alle Flaggen wurden aufgezogen, die Posten unter dem Schalle der Trompeten besetzt; der Glanz und die Lebhaftigkeit des militärischen Schauspiels versetzte bald auch das anfangs durch den Anblick der grossen Flotte geschreckte Volk in kriegerische Begeisterung. Das Geschwader zählte nach Bosio 130 Galeeren, fünfunddreissig grosse Galeeren, fünfzehn „Maone“, zwanzig „Tafonee“, über sechzig „Fuste“ und viele Brigantinen. Während der Belagerung kamen fortwährend Verstärkungen an, so dass sich die ganze Flotte auf 400 Segel belaufen haben mag; die Bemannung wird auf 200,000 Mann angegeben, darunter 60,000 Erdarbeiter. Ueberläufer, unter denen ein Christensclave sechs Miglien weit geschwommen sein soll, erzählten, dass viele gefangene Christen in der Armee, und dass die Janitscharen über den Feldzug missmuthig seien.
Villiers liess nicht ab, für Verstärkung zu sorgen. Gleich nach dem Eintreffen der feindlichen Flotte musste ein Fahrzeug auslaufen, um dem Papst, Karl V., den Königen von Frankreich und England die nun wirklich eingetretene Noth zu melden und um kräftigen Beistand zu bitten. Kurz zuvor war Bosio noch einmal nach Candia gesendet worden, um den in Diensten Venedigs dort anwesenden berühmten Ingenieur Gabriel Martinengo zur Dienstleistung während der Belagerung anzuwerben. Die Behörden ertheilten ihm zwar die Erlaubniss nicht, doch Martinengo entschloss sich, mit Bosio heimlich zu entfliehen. Als sie sich, noch an der Küste Candia's, von den Schiffen des Gouverneurs verfolgt sahen, bediente sich Bosio einer List; er kappte den Mast seiner Feluke, legte das Fahrzeug dicht an die Uferfelsen und zog ein Segel darüber, so dass es von Weitem nicht von den weisslichen Klippen zu unterscheiden war. In der Nacht darauf geriethen die Fliehenden unter die türkische Flotte, wurden angerufen, kamen aber auch hier glücklich durch, da Bosio griechisch zu antworten wusste. Martinengo nahm das Ordenskleid, und der Grossmeister entschädigte ihn einstweilen für die aufgegebenen Vortheile durch einen Gehalt von 1200 Scudi, gab ihm das Grosskreuz und die Oberaufsicht über die Festungswerke. Auch Préjan de Bidoux, Grossprior von S. Gilles und Commandant von Kos, gelangte, da ihm Villiers erlaubt hatte an der Vertheidigung Theil zu nehmen, glücklich durch die türkische Flotte in den Hafen. Erfolglos war die Aufforderung des Meisters an den venetianischen Admiral Domenico Trevigiano, welcher mit sechzig Galeeren bei Candia lag, ihn mit seinen Schiffen zu unterstützen; er schützte den Frieden der Signorie mit der Pforte vor und sah der Belagerung ruhig zu.
Die türkische Flotte führte Curtogli, den Oberbefehl über das Landheer hatte Mustapha Pascha, welchem der ältere Peri mit leitender Autorität zur Seite stand.
Mehrere Wochen dauerte es, bis das grobe Geschütz ausgeschifft und alle Truppen von Karien und Lycien nach der Insel herübergeschafft waren. Ueber die Stärke des Heeres sind die Angaben verschieden. Bosio nennt ausser den oben genannten 200,000 Mann noch 100,000, die während der Belagerung hinzugekommen seien, und die Aussage des türkischen Schriftstellers Hadschi Khalfa, die Flotte habe aus 700 Schiffen bestanden, lässt auf ein mächtiges Heer schliessen, wenn auch jene Zahlen vielleicht übertrieben sind.
Auf den Wunsch des Grossmeisters, Kundschaft einzuziehen, legten einige rhodische Seeleute türkische Tracht an, beluden eine Barke mit Früchten und Erfrischungen, und steuerten damit bei Nacht nach der asiatischen Küste zu. Am Morgen wandten sie um und näherten sich mit anderen Fruchtboten, die wirklich vom Festlande kamen, dem rhodischen Gestade, wo die Türken gelandet waren, verkauften ohne Argwohn zu erregen ihre Ladung, und verbargen absegelnd zwei Soldaten, welche den Wunsch nach Kleinasien zu desertiren kund gaben, auf ihrem Schiffe, diese knebelten sie unterwegs und gelangten unter dem Schutze der Dunkelheit wieder nach der Stadt, wo die Gefangenen über Stellung und Stärke des Feindes die gewünschte Auskunft ertheilten. Die Türken führten in Wahrheit einen Belagerungspark nach Rhodus wie er bisher kaum verwendet worden war; sechs bronzene Kanonen schossen Steinkugeln von vierte halb Spannen Umfang, zwölf Basilisken und zwölf Bombarden schossen Steine von neun bis zehn, zwei noch grössere Steine von elf Spannen. Fünfzehn Doppelkanonen schossen eiserne Kugeln, zwölf metallene Mörser (,,qui tiracent contre mont en l'air“) von verschiedenem Caliber; die grössten schossen Kugeln von sieben bis acht Spannen Umfang. Das Geschütz von mittlerem Caliber war äusserst zahlreich.
Am 18. Juli wurde das Feuer gegen die Festung eröffnet. Die stärksten Batterieen der Türken waren gegen die Posten von England, Provence, Spanien und Italien gerichtet, doch waren sie zuerst nicht glücklich. Die meisten ihrer Werke wurden gleich im Anfang von den Geschützen der Festung zerstört, die Stücke demontirt. Die Ritter suchten fast täglich den Feind in seinen Trancheen auf, und errangen in diesen Kämpfen, wo die persönliche Tapferkeit des Einzelnen zur Geltung kam, regelmässig den Sieg. Die Unzufriedenheit im türkischen Lager wurde durch den Mangel an Lebensmitteln vermehrt; in der Nähe der Stadt waren die Aernten zerstört, und zu weit durften sich die Fouragierzüge nicht vom Lager entfernen, um nicht den Besatzungen der festen Schlösser in die Hände zu fallen, welche überall im Hinterhalte lagen. Die Unzufriedenheit im Heere drohte in offene Meuterei auszuarten, die Befehlshaber hatten keine Autorität mehr über die Truppen und wussten sich endlich keinen anderen Rath, als dem Sultan ihre Verlegenheit zu melden. Während dieser sich auf dem Wege nach Rhodus befand, wäre die Festung beinahe durch Verrath gefallen; eine türkische Sclavin fasste den Entschluss, die Stadt an allen Ecken anzuzünden, und wusste, da sie ihr Vorhaben allein nicht ausführen konnte, mehrere Leidensgefährten für ihr Unternehmen zu fanatisiren. Einer verrieth sich jedoch und sämmtliche Verschworene mussten mit dem Leben büssen.
Soliman unterdrückte mit mächtiger Hand den meuterischen Geist des Heeres, man ging voll Eifer an die Weiterführung der Laufgräben, Tag und Nacht wurde gearbeitet; auch fanden die Ritter bei ihren Ausfällen mehr Widerstand und mussten sie bald aufgeben, da die Verluste ausser Verhältniss zu ihrer Anzahl standen.
Ein empfindlicher Schaden für die Festung war die am 10. August erfolgte Zerstörung des Glockenthurmes der Johanneskirche; sie lag, wie schon erzählt, auf dem höchsten Punkte der Stadt, ihr Thurm gewährte einen vollständigen Ueberblick über die feindlichen Linien. Ein getaufter jüdischer Arzt, Giovanni Battista, soll, von Soliman bestochen, dem Feinde alle Vorgänge in der Stadt verrathen, und auch die Beschiessung des Johannesthurmes veranlasst haben. Der untere, aus grossen Quadern erbaute Theil blieb damals stehen, wurde später von den Türken als Pulvermagazin benutzt, und flog erst im Herbste 1856 durch den Blitz entzündet in die Luft. Sonst verursachte das Feuer der türkischen Mörser wenig Schaden; durch 1700 Kugeln, welche sie in die Stadt warfen, verloren nur etwa fünfundzwanzig Menschen das Leben. Einige Schiffe im Hafen wurden durch die Wurfgeschosse versenkt.
Der erste Hauptangriff geschah gegen den deutschen Posten bei der Porta S. Antonio, wurde jedoch vom Ritter Christoph Waldener, dem tapferen Anführer der deutschen Zunge, mit grosser Entschiedenheit zurückgeworfen. Die türkischen Befehlshaber hatten sich so in den Angriff getheilt, dass Mustapha Pascha den Engländern gegenüberstand, Peri den Italienern, Achmed Pascha den Spaniern, der Beglierbei von Anatolien den Provençalen. Der Beglierbei von Romanien richtete sein Geschütz, nachdem er von den Deutschen mit grossem Verluste zurückgeschlagen war, gegen das Schloss S. Nicolas. Da aber diese Stellung von den Geschützen der Meisterburg bestrichen wurde, so sah er sich gezwungen, seine zwölf grossen Kanonen bei Tage im Sande zu vergraben, und konnte nur Nachts bei Mondschein feuern. Die grosse Menge ihrer Schanzarbeiter, deren Leben sie nicht schonten, befähigte die türkischen Befehlshaber zu ausserordentlichen Anstrengungen; sie liessen Hügel aufwerfen, welche die Brustwehr der Festungsmauer stellenweise überragten, was ihren Geschützen bald eine grosse Ueberlegenheit verschaffte. Die ersten Breschen wurden bei dem spanischen und englischen Posten geschossen; dieser war besonders bedroht, und hier schlug Villiers selbst mit fünfzig Rittern seine Wohnung am Fusse der Mauer auf. Auch die Werke des italienischen Postens waren stark beschädigt; hier wurde, um Zeit zu Ausbesserungen zu gewinnen, auf Martinengo's Rath ein Ausfall gethan; es gelang in die feindlichen Laufgräben einzudringen und eine gute Strecke derselben zu verschütten. folgenden Türken geriethen in das Flankenfeuer eines vorspringenden Werkes und erlitten grossen Verlust. Der Erfolg des Ausfalls war vollständig, da es unterdessen gelang, hinter der Bresche neue Werke aufzuführen, die wenigstens die dringendste Gefahr beseitigten.
Mancherlei Umstände brachten in der Stadt eine übele. Stimmung hervor; schon jetzt begann es an Pulver zu mangeln, und man musste dessen aus dem vorhandenen Salpeter bereiten; umsonst harrete man der erwarteten Verstärkungen, Villiers sandte an den Papst noch einen Botschafter diesmal war es Bosio mit der Bitte um Entsatz. Durch den Uebermuth einiger jungen Ritter, welche einem Trupp Sclaven begegnend, in rohem Scherze auf sie losschlugen, ward eine schreckliche Metzelei veranlasst, da andere hinzukommende Ritter, im Wahne, dass jene sich widersetzten, über die geschlossenen Türken herfielen und sie sämmtlich, 120 an der Zahl, niedermachten, ein namhafter Verlust, da es ohnehin an Schanzarbeitern in der Stadt fehlte, während die Belagerer deren eine grosse Menge hatten und sie wohl zu brauchen verstanden. Sie drangen an vielen Stellen mit ihren Minen unter die Festungswerke; Martinengo war unermüdlich sie auszuspüren und ihre Arbeiten zu vernichten, aber der Kampf war zu ungleich. Eine Mine unter der englischen Bastion zerstörte am 4. September dort die Mauer in einer Länge von sechs Ellen; unverzüglich schritten die Türken zum Sturm. Villiers befand sich grade in einer nahe gelegenen Kirche, wo der Priester eben das „Deus in adjutorium meum intende" angestimmt hatte, als die Explosion erfolgte; sogleich eilte er mit den Seinen hinaus auf den Kampfplatz und brachte nach langer, heisser Schlacht den Feind zum Weichen. Sein Bannerträger und viele Tapfere fielen, die Türken sollen einen Verlust von 2000 Mann erlitten haben. Schon am 9. September sprengten sie eine neue Mine bei der englischen Bastion, und stürmten noch an demselben Tage, auch diesmal ohne Erfolg; wieder verlor der Meister seinen Bannerträger, den Ritter Bertrand de Cluys. Am 13. September liess Peri Pascha den italienischen Posten bestürmen, am 17. Mustapha den englischen zum dritten Male. Hier zeichnete sich Ritter Christoph Waldener, jetzt zum Castellan von Rhodus ernannt, an der Spitze der deutschen Ritter fechtend, durch glänzende Tapferkeit aus, und erbeutete mit eigener Hand ein türkisches Feldzeichen; nicht minderen Ruhm erwarben sich die Brüder der englischen Zunge unter Führung des Ritters John Bouk. An demselben Tage noch sprengte Achmed zwei Minen bei dem Posten von Auvergne und dem spanischen; nur die letzte hatte einigen Erfolg, indem sie etwa zwei Ellen Mauer niederlegte.
Achmed liess alsbald Sturm laufen, ward aber ebensowohl geworfen wie Mustapha. Diese beiden Stürme kosteten den Türken nach Aussage der Ueberläufer wieder 3000 Mann.
Trotz aller dieser Siege standen die Verluste der Belagerten ausser Verhältniss zu ihrer Zahl. Die fortwährend nöthigen Ausbesserungen der Werke kosteten besonders viele Menschen, denn die Türken hatten treffliche Scharfschützen, welche aus ihren Verstecken jeden wegputzten, der sich ohne Deckung zeigte. Je mehr die kleine Schaar zusammenschmolz, desto seltener konnten sich die Mannschaften ablösen, desto anstrengender war der Dienst; aber das Beispiel des trefflichen Meisters und die tägliche Hoffnung auf Entsatz erfüllte Alle mit froher Zuversicht und unermüdlichem Eifer, während im türkischen Lager die tiefste Entmuthigung herrschte. Ein grosser Theil von Soliman's besten Truppen hatte in den letzten Stürmen den Tod gefunden, der Uebrigen bemächtigte sich der Glauben, es sei ihnen nicht bestimmt die Festung zu nehmen. Nur Soliman's mächtiger Willenskraft und seiner grossen Persönlichkeit, welche ihre Umgebung überall unumschränkt beherrschte, war es möglich, die Truppen zu neuen Angriffen zu bewegen. Am 22. September ward eine neue Mine unter der englischen Bastion gesprengt, an demselben Tage die Hauptmine der Belagerer unter dem Posten von Auvergne, beide ohne Erfolg. Auf die zuletzt genannte hatten die Türken ihre ganze Hoffnung gesetzt, und waren ihres Erfolges so sicher, dass sie gleich nach der Explosion in wildem Laufe heranstürmten; kaum trauten sie ihren Augen, da sie keine Bresche gewahrten, geriethen in das Geschützfeuer der Festung und erlitten grosse Einbusse.
Nun beschloss Soliman an vier Seiten zugleich zu stürmen, was am 24. September zur Ausführung kam. Die Stadt wurde den Soldaten im Voraus zur Plünderung preisgegeben, die Angriffspunkte waren die Posten von England, Provence, Italien und Spanien.
Mit wild verbitterter Wuth stürmten die türkischen Krieger gegen die schwach besetzten Werke heran, aber die ganze Bevölkerung erschien alsbald auf den Mauern, an dem Rettungskampfe Theil zu nehmen; Bürger, Handwerker, die Geistlichen, Ordenscaplane, Franciscanermönche kämpften in den Reihen der Ritter, Kinder und Greise gossen siedendes Oel, Pech, Schwefel und Wasser auf die Stürmenden hinab, Frauen und Mädchen trugen Erfrischungen zu und warfen Steine von den Mauern, viele mischten sich auch in den Nahekampf: „Es geen auch vil Frawen auf die mawern, “heisst es in dem Sendbrief des Vicekanzlers Max Boignal an einen Edelmann in Candia, „mit jren schwertern vnd schilten zu fechten, vnd die stat helffen zu retten, beschützen und schirmen, zugleycherweiss als die man, darumb wirt vns der almechtig got durch sein grundtlosen barmherzigkeit nit verlassen, got hab lob vnd eer im hymel vnd auff erden.” Eine Griechin, die ihren Geliebten im Kampfe fallen sah, küsst und bekreuzt seine beiden Kinder, ersticht sie dann und stürzt sich selbst in das wildeste Todesgewühl.
Zuerst war die Gefahr bei der englischen Bastion am grössten, dorthin begab sich der Grossmeister; bald aber dehnten die Türken dort ihre Angriffslinien zu weit aus und geriethen in das Flankenfeuer des spanischen Thurmes. Der Belvardo di Spagna war bei der Sprengung einer Mine nach aussen ganz geblieben, die innere Mauer aber nach der Stadt zu eingestürzt. Hier fand anfangs kein Angriff statt, die Besatzung verliess ihren Posten und eilte den Italienern zu Hilfe, welche hart bedrängt waren; da merkte der Aga der Janitscharen, dass die Stelle verlassen sei, und erklomm ohne Widerstand zu finden das Werk an der Spitze der Seinen, pflanzte dort Soliman's Banner auf, und schloss die nach der angrenzenden Mauer führende Pforte. Hier behaupteten sich die Türken drei Stunden lang; endlich gelang es dem Comthur von Bourbon, von den Geschützen der vorspringenden Werke des Postens Auvergne und einigen unterdess auf den naheliegenden Häusern von Martinengo aufgestellten Kanonen unterstützt, über die Trümmer der gesprengten Mauer hinanklimmend, den Posten zu stürmen und den Feind zu werfen. Jetzt waren die Ritter überall siegreich; Soliman liess, eine schimpfliche Flucht fürchtend, zum Rückzuge blasen. Die Türken sollen an diesem Tage 15,000 Mann verloren haben, die Ritter hatten 200 Todte und 150 Verwundete; unter letzteren war auch der Comthur von Bourbon. Am Hafen, wo 100 türkische Galeeren vergeblich einen günstigen Moment zum Angriff erspähten, kam es gar nicht zum Kampf. Die furchtbare Niederlage versetzte Soliman in die bitterste Wuth; er gab sogleich den Befehl zur Hinrichtung Mustapha's, der als Anstifter des rhodischen Unternehmens schon längst in Ungnade gefallen war, und wollte auch Peri Pascha umbringen lassen, als er sich für jenen verwendete. Sämmtliche Befehlshaber baten nun für Beide; sie wurden endlich begnadigt, Mustapha aber als Gouverneur nach Syrien verbannt. Soliman selbst verzweifelte jetzt an der Einnahme der Stadt, die Janitscharen weigerten sich offen den Kampf zu erneuern, und schon war der Befehl zur Einschiffung der Truppen ergangen, als ein albanesischer Ueberläufer im türkischen Lager erschien und den Sultan überzeugte, dass sich die Stadt nicht mehr lange halten könne. In Wahrheit begann es dort an Allem zu mangeln; mit der Bereitung des Pulvers ging es schlecht, die Geschütze konnten nur noch ein spärliches Feuer gegen die feindlichen Laufgräben unterhalten; der unaufhörliche anstrengende Dienst rieb die Kräfte der Besatzung auf, und es ward mehr und mehr unmöglich, die Schäden der Festungswerke herzustellen. Unter den Rittern herrschte eine dumpfe Stimmung, denn ein Brief von dem Commandanten des Castelles Feracla hatte die Aussage mehrerer Gefangenen gemeldet, es befände sich in der unmittelbaren Umgebung Villiers' ein Verräther der Arzt Giovanni Battista war schon früher ertappt, da er einen Brief in's feindliche Lager schiessen wollte, und sogleich hingerichtet worden.
Nicht wenig erstaunte der Grossmeister, als von den Belagerern die Anstalten zum Abzuge eingestellt wurden, denn in der Stadt hatte man sich der Hoffnung hingegeben, jener allgemeine Sturm sei Soliman's letzte Anstrengung gewesen. In der beständigen Hoffnung auf Entsatz wurde die Vertheidigung wieder aufgenommen, und der Muth belebte sich von Neuem, als in der Nacht des 6 October eines der nach dem Abendlande entsendeten Fahrzeuge mit der Nachricht heimkehrte, dass von Neapel und Messina in Kurzem Schiffe mit ansehnlichen Verstärkungen auslaufen würden. Soliman hatte sich unterdess ein Haus auf dem Phileremos einrichten lassen, und schon am 4 October nach heftiger Kanonade die Angriffe wieder begonnen. Mustapha Mustapha versuchte an diesem Tage in dreimaligem Anlauf die englische Bastion zu nehmen es war der letzte Angriff, den er vor seiner Abreise nach Syrien noch führen durfte. Achmed Pascha, der jetzt den Oberbefehl erhielt, begann mit einer allgemeinen und anhaltenden Beschiessung der Werke. Bei dem spanischen Posten hatte das Feuer besonders guten Erfolg; hier war in Kurzem auf einer langen Strecke von der Brustwehr keine Spur mehr übrig. Zwar gelang es den Belagerten noch einmal den Graben zu reinigen, doch konnten jetzt die Türken, nur seitlich von einem Thurme des Postens Auvergne bestrichen, mit bedeckten Laufgräben bis in den Festungsgraben gelangen; hier errichteten sie in grosser Schnelle eine Verschanzung gegen das Flankenfeuer, verstopften die Schiessscharten am unteren Theile der Mauer und setzten sich am Fusse derselben fest. Damit war viel gewonnen, sie konnten die Mauer hier ohne Störung unterminiren und einreissen; das war, wie sich Bosio ausdrückt, der Anfang des Falles von Rhodus. Einen Ausfall konnten die Ritter wegen ihrer geringen Anzahl nicht mehr wagen, und man musste sich begnügen, die Türken mit Handgranaten und Feuerwerkskörpern zu belästigen. Martinengo liess innerhalb der gefährlichen Stelle einen verpalisadirten Erdwall aufführen und mit Geschützen armiren, welche nachher dem Feinde viel Schaden thaten; aber er selbst erhielt, da die Türken nun ihrerseits Schiessscharten in die Mauer gebrochen hatten, eine Verwundung am Auge, welche ihn auf sechs Wochen ausser Gefecht setzte.
Während am 12. und 13. October noch zwei Stürme auf dem englischen Posten abgeschlagen, und die Belagerten durch fortwährende Angriffe auf allen Seiten ermüdet wurden, fuhr Achmed fort die Mauer zu unterminiren. Das unterhöhlte Stück wurde auf Pfähle gestellt, und diese zuletzt angezündet, was nicht den gewünschten Erfolg hatte; auch widerstand die wohlgefügte Arbeit allen Anstrengungen, sie mit Winden und Tauen zum Wanken zu bringen. Man musste doch endlich mit dem schweren Geschütze dort Bresche schiessen.
Gegen Ende October kam d'Amaral's Verrätherei an's Licht. Sein Diener Blas Diez wurde ertappt, als er grade ein Schreiben in die türkischen Laufgräben schiessen wollte, und gestand, dass er auf Befehl seines Herrn fortwährend Briefe dorthin befördert habe. D'Amaral wurde sofort im Schlosse St. Nicolas zu strenger Haft gebracht; während des Processes traten noch mehrere Zeugen mit stark gravirenden Aussagen auf, er ward verurtheilt, in voller Ordensversammlung der äusseren Zeichen der Ritterschaft beraubt, und mit seinem Diener hingerichtet. D'Amaral gestand Nichts, und endete sein Leben in bitterem Groll und mit Verwünschungen gegen den Orden. So erzählen die Geschichte der Comthur von Bourbon und Pietro Lomellino del Campo, der ebenfalls bei der Belagerung zugegen war, und dessen Manuscript Bosio benutzte. In der confusen Erzählung des Jacobus Fontanus, der in Rhodus ein Richteramt bekleidete, und „Drei Bücher über den rhodischen Krieg” schrieb, ist merkwürdiger Weise d'Amaral gar nicht erwähnt; wohl aber berührt der Grossmeister selbst die Sache in einem Briefe an seinen Neffen, den Sieur de la Rochepot - Montmorency; er ist datirt vom 13 November, und schildert in rührender Weise die Noth der Belagerten. Villiers schreibt:
Mon nepveu, par deux brigantins nostres et gens exprez ay donné notice au roy de l'armée du Turq, qui dès le XXVIe de juing dernier nous tient assiègez, ensemble de la manière dont il nous a tractez et de la disposicion en quoy nous trouvions fins alors, et à vous particullierement, vous priant eussiez ceste religion pour bien recommandée envers ledit seigneur, son plaisir fust nous aider et secourir. Despuys fins à prèsent avons soutenu neuf assaultz et tousjours avec l'ayde N. S. repoulsé noz ennemiz avec grosse perte de leurs gens. Les plus gros efforts qu'ils aient faicts contre nous, oultre les grosses batteries d'artilherie et mortiers, ont esté mynes; en façon que fins à prèsent en ont faict jusques au pied de noz murailhes plus de cinquante desquelles en y a eu dix à qui ilz ont donné feu, non obstant noz contremines, qui grâces a Dieu n'ont pas faict grande ruyne de noz murailhes. Les autres ont esté descouvertes, rompues et bruslées avec beaucoup de leur gens, desquelz la fleure est icy demeurée, tant aux assaultz que tuéz de nostre artilherie et mortz de malladies qui ont fort regné en leur camp, et sommes advertiz par gens fouiz de l'armée qu'ils ont perdu icy plus de cinquante mille hommes des meilheurs qu'ils eussent. A prèsent n'y voyons pas grans gens de sorte, et, peu de secours qui vint nous donner sur eulx, seroient tantost tous desconfiz, car leur camp et armée de mer sont desbarates et mal conditionez. Ils continuent tousjours leur entreprinse, et comme ils monstrent, ont délibéré demeurer icy cest yver. Et à ceste cause, nous trouvant à présent en grosse destresse, privez d'une partie de nos deffences, ne voyant aucune apparence de nostre secours, sommes constrainctz envoyer derechef devers le roy principal protecteur de la foy et nostre fundateur et bienfacteur, luy suppliant très-humblement, si jusques ici ne nous a mandé secourir, son plaisir soit le vouloir; car s'il n'y mect la main, je ne voy moyen pouvoir resister à si grande puissance. Toute nostre espérance est au dit Seigneur, et sans son ayde sommes en évident peril.
Mon nepveu, ces jours passez par vie de Candie, ay receu une vostre lettre escripte à Vénise le XXVIe de juing dernier passé, et par icelle veu le bon vouloir pourtez à ceste nostre réligion et le désir avez nous secourir. Je vous prie mon nepveu veulhez persévérer et avoir tousjours ceste réligion pour recommandée envers le roy, speciallement en ceste affaire tant important, ainsi qu'en vous ay ferme confiance. Au demourant mon nepveu je vous advise que je n'ay pas eu la guerre seullement avec les Turqs, mais avec l'ung des plus grants de nostre conseil, lequel par envie et ambicion de dominer, dès longtemps avait conspiré faire venir le Turq et promiz lui rendre ceste cité. Le cas a esté divinement manifesté et averé, et il a esté exequté comme plus à plain serez informé par nostre chevalier frère Méry de Ruyaulx, pourteur de la présente, à qui vous plaira donner créance, qui sera fin de lettre, après m'être recommandé à vostre bonne grâce. Priant le créateur vous donner entièrement ce que desirez. De Rhodes le XIIIe novembre MDXXII. Vostre bon oncle et amy, le maistre de Rhodes. Philippe Villiers de l'Yle-Adam.
Eine ähnliche Ansicht über die Lage der Stadt spricht sich in einem Briefe Christoph Waldener's an seinen Vater Amstatt aus; auch er sagt, dass die Türken ihre besten Truppen verloren hätten, und dass man sie mit Leichtigkeit von der Insel vertreiben könnte, wenn nur eine kleine Verstärkung an frischen Truppen käme. Franz I war jedoch durch seine eigenen Kriege viel zu sehr in Anspruch genommen, um dem Orden Hilfe leisten zu können; das Entsatzgeschwader aus Neapel und Sicilien war von einem Sturme zerstreut worden, der auch die Schiffe des englischen Ritters Newport ereilte; ein Transport aus Spanien wurde in der Nähe der Insel von den Türken aufgebracht, und entging ihnen nur mit genauer Noth; zwei mit Proviant und Munition beladene Schiffe des Ordens hielten die Venetianer in Candia zurück, und es gelang den Gesandten Villiers' nicht, ihre Loslassung zu erlangen.
In der Stadt wurde unterdess die Bedrängniss immer grösser, der Zustand der Festungswerke immer kläglicher. Die von d'Aubusson zum Andenken an seinen Sieg erbauten Kirchen Santa Maria della Vittoria und S. Pantaleone und viele Häuser mussten eingerissen werden, um hinter den Einsturz drohenden Mauern neue Werke zu bauen; die Besatzungen aus den Schlössern von Rhodus und den benachbarten Inseln wurden mit ihren Vorräthen nach der Stadt gezogen, auch aus dem Schlosse S. Peter trafen am 9 November zwölf Ritter und hundert Soldaten ein.
Bei dem italienischen Posten war es den Türken nun auch gelungen, die Mauer niederzulegen, und am 22 November machten sie dort einen heftigen Angriff; am 28 bestürmten sie die Werke hinter der Bresche der spanischen Mauer, aber die Geschütze bei der Mühle des Thores von Koskino bestrichen die Angriffslinie, und die Belagerer verloren nochmals 3000 Mann. Soliman scheint jetzt an der Möglichkeit, die Stadt mit Sturm zu nehmen, verzweifelt zu haben; aus Villiers' und Waldener's Briefen geht schon hervor, dass der Sultan alle seine Kerntruppen eingebüsst hatte, und dass der Rest nicht sehr zu fürchten war. Auf der anderen Seite wusste er, dass die Stadt sich nicht mehr lange halten könne, musste aber suchen, sein Ziel so schnell als möglich zu erreichen, da jeden Augenblick Entsatz aus dem Abendlande eintreffen konnte. Er sandte einen Parlamentär vor die Festung mit der Aufforderung zur Uebergabe, welche natürlich zurückgewiesen wurde; doch zog man jetzt im Ordensrathe die Lage der Stadt in reifliche Erwägung. Auf die Vorstellung der angesehensten Bürger bat der griechische Erzbischof den Grossmeister, es nicht zum Aeussersten kommen zu lassen, durch zu grosse Hartnäckigkeit den Feind nicht zu grausamer Plünderung zu reizen. Villiers wollte noch immer Nichts von Capitulation hören, die Bürger wiederholten in einer schriftlichen Eingabe nochmals ihr Gesuch, man möge sich mit dem Feinde vergleichen, oder ihnen wenigstens erlauben, ihre Frauen und Kinder fortzuschaffen, „widrigenfalls sie selbst mit dem Sultan unterhandeln würden." Da nun Martinengo und Prejan de Bidoux, deren Einsicht und Gewissenhaftigkeit das allgemeine Vertrauen hatten, im Ordensrathe ein Gutachten abgaben, dass die Festung nicht länger zu halten sei, dass der Pulvervorrath zur Abschlagung eines Angriffs nicht mehr ausreichend, und kaum Arbeitskräfte vorhanden seien, um ein Geschütz von der Stelle zu bewegen oder eine Schanze aufzuwerfen, so wies der Grossmeister einen abermaligen Annäherungsversuch Soliman's nicht mehr zurück. Die Aufziehung der türkischen Parlamentärflagge am 10 December ward von der Mühle von Koskino und der Kirche Santa Maria Lemonitra aus beantwortet, und Soliman schickte ein Schreiben in die Stadt, worin er den Rittern freien Abzug mit allem Eigenthume anbot, falls sie ihm sofort alle ihre Besitzungen im Orient überliefern wollten. Zur Weiterführung der Unterhandlungen wurde der Ritter Grolée und Robert Perrucey, Richter von Rhodus, in das türkische Lager gesandt, zwei vornehme Türken als Geisseln in die Stadt aufgenommen. Soliman, welcher Ursache hatte den Abschluss zu beschleunigen, sandte den Perrucey nach der Stadt zurück, indem er seine Anerbietungen wiederholte, dem Meister drei Tage Bedenkzeit gab, und ihn im Weigerungsfalle bedrohen liess: „,que le dit parti non voulant (sagt der Comthur von Bourbon in seiner kräftigen Sprache), il lui notifiait, qu'il ne partiroit jamais de devant Rhodes, et que toute la Turquie y mourroit, ou il en viendroit au dessus, et qu'il n'echapperoit ne petit ne grand, mais que jusqu'aux chats tout seroit mis en pièces et que dans trois jours on lui feist reponse." Den Ritter Grolée behielt er zurück; dieser wurde von Achmed glänzend bewirthet und erfuhr von ihm beim Abendschmause, dass von den Türken vor Rhodus 44,000 im Kampfe gefallen, gegen 50,000 durch Krankheit umgekommen seien. Villiers hatte noch immer die Hoffnung auf Entsatz nicht aufgegeben, und suchte die Verhandlungen zu verzögern; er liess dem Sultan endlich sagen, die ihm gestellte Frist sei zu kurz, worauf Jener die Kanonade sogleich wieder eröffnete. Das geschah am 15 December, doch hielt Soliman den Ritter Grolée noch immer zurück, um die Verhandlungen wieder anknüpfen zu können. Am 17 und 18 erfolgten noch zwei Angriffe auf den spanischen Posten, welche mit Mühe abgeschlagen wurden; am 20 endlich verstand sich Villiers zum Abschluss der Capitulation, nachdem er vorher noch vergeblich dem Sultan eine Entschädigung geboten hatte, wenn er die Belagerung aufgeben wolle.
Die Capitulation lautete nach einem Auszuge aus den Archiven von Malta folgendermaassen:
Nachdem im Jahre nach Mariä Geburt 1522, unter dem Pontificat Adrian's VI., Soliman, Beherrscher der Türken, mit einer Flotte von 300 Schiffen und 200,000 Kriegern vor dem Feste St. Johannes des Täufers in Rhodus gelandet, und bis Weihnachten die christliche Stadt zu Lande und zur See belagert hatte, nachdem er zweiundfünfzig Minen gegen sie geführt, und mehr als 85,000 eherne und steinerne Kugeln von erstaunlicher Grösse bei Tage und bei Nacht gegen sie geschossen, sie zwanzig Mal bestürmt hatte, Philipp Villiers de l'Isle Adam sie aber, ohne irgend welche Zufuhr oder Hilfe von Aussen zu empfangen, mit wenigen Rittern auf das tapferste vertheidigt hatte: so hat sich dieser endlich, durch die Nothwendigkeit überwunden, nachdem 120,000 Feinde getödtet worden, mit Soliman, der die Mauern zerstört, die Stadt auf eine Strecke von 150 Schritten schon seit vierzig Tagen besetzt, und mit Hartnäckigkeit auf den Sieg bedacht, doch den Frieden geboten hatte, in höchster Weisheit und Grossherzigkeit folgendermaassen wegen der Uebergabe vereinigt.
Soliman:
Der lateinische Ritterorden soll vor dem zehnten Tage abziehen, seine Besatzungen überall fortführen; er soll freien und sicheren Abzug haben.
Philipp Villiers de l'Isle Adam:
Nach dem gemeinsamen Beschluss der lateinischen Ritter und der rhodischen Bürger und Soldaten, soll der Abzug nach dem Belieben des Ordens aufgeschoben werden können. Der Orden soll freien Abzug und das Recht haben, seine Waffen, Geschütze und alle Kriegsrüstung aus den Schlössern mitzunehmen. Die in Rhodus bleiben, sollen auf fünf Jahre von jeder Tributzahlung befreit sein.
Sie sollen freie Ausübung des christlichen Gottesdienstes haben; sie sollen Erlaubniss haben, neue Kirchen zu bauen, und die alten auszubessern; ihre Kinder sollen ihnen nie genommen werden.
Niemand soll gegen seinen Willen Rhodus verlassen; während eines Zeitraums von drei Jahren sollen aber Alle, Lateiner und Griechen, welche jetzt dem Orden nicht folgen, freien und sicheren Abzug mit ihrer ganzen Habe und Familie haben.
Der lateinische Ritterorden und die ihm folgen, sollen freies Geleit und Schiffe bis Candia erhalten. Soliman soll feierlich nach Sitte seiner Vorfahren und den Gesetzen des Vaterlandes beschwören, auf immer Er soll Geisseln stellen. die Verträge ohne Falsch und Trug zu halten. Der Vertrag wurde durch die beiderseitigen Bevollmächtigten Achmed und Grolée unterschrieben, von Villiers und Soliman ratificirt. Letzterer
zog auf Bitten der Bürgerschaft sein Heer auf einige Miglien von der Stadt zurück, welche eine Besatzung von 400 Janitscharen erhielt. Der Grossmeister musste sich dem Wunsche des Siegers ihn zu sehen wohl bequemen, und begab sich nach dem Lager; Soliman soll ihn freundlich und ehrenvoll empfangen, und mit den Worten getröstet haben, „dass die Eroberung und der Verlust von Königreichen gewöhnliche Spiele des Zufalls seien." Er suchte ihn für seinen Dienst zu gewinnen, reichte ihm die Hand zum Kusse und bezeugte ihm die höchste Achtung dadurch, dass er ihn in der Meisterburg besuchte. Hier soll der Sultan ihn aufgefordert haben, seine Anstalten zur Abreise mit aller Bequemlichkeit zu treffen, und beim Abschied in die Worte ausgebrochen sein: „Es thut mir weh, diesen Greis aus seinem Hause zu stossen.”
Trotz des Versprechens Soliman's näherte sich das türkische Heer nach einigen Tagen der Stadt; einige wilde Horden wie es scheint neueingetroffene Truppen brachen in die Stadt ein und richteten einige Verwüstung an. Jacobus Fontanus gibt eine jammernde Beschreibung dieser Schrecknisse: er selbst ward rein ausgeplündert, viele andere Einwohner misshandelt und beraubt, die Kirchen geschändet, die Gräber der Meister durchwühlt. Bosio macht die Sache nicht so schlimm; er berichtet: Achmed habe auf die Vorstellungen der Ritter sogleich Wachen in die Stadt geschickt, um dem Unfug zu steuern. Der wahrheitsliebende Bourbon sagt, er wisse nicht, ob der Treubruch von Soliman oder von einem der Paschas ausgegangen sei. Villiers beschleunigte seine Abfahrt, da auch der Sultan sich anschickte die Insel zu verlassen; es gelang ihm nicht, den unglücklichen Prinzen Amurat, Dschem's Sohn, mit sich zu führen, welcher, Christ geworden, mit seiner Familie schon seit lange vom Orden ehrenvoll unterhalten wurde. Soliman liess ihn scharf bewachen und später mit den Seinen hinrichten, da er den christlichen Glauben nicht abschwören wollte.
Die Einschiffung der Ritter ward in der Neujahrsnacht bewerkstelligt, 4,000 von den Bewohnern der Insel folgten dem Schicksal des Ordens; am 1 Januar 1523 lichtete die Flotte, fünfzig Segel stark, die Anker. Der türkische Bericht des Ramadan erzählt die Geschichte der Capitulation etwas anders; er behauptet, die Rhodiser, nicht Soliman, hätten die ersten Schritte dazu gethan; im Uebrigen sind seine Schilderungen ziemlich übereinstimmend mit den christlichen.
Die Flotte Villiers', dessen Banner den todten Heiland in den Armen der Madonna zeigte, mit dem Wahlspruch Afflictis spes mea rebus, langte nach stürmischer Fahrt auf Candia an. Von da begaben sich die Ritter nach Messina, wo der Grossmeister alle die vor ein Kriegsgericht stellte, welche der Insel hatten Succurs zuführen sollen. Von der Pest vertrieben, gingen die Brüder nach dem Golf von Bajae, wo auf den Trümmern von Cumae ein Lager aufgeschlagen ward, dann nach Civita vecchia und Rom, wo Hadrian VI dem Grossmeister die ehrenvollste Aufnahme bereitete. Kurz darauf starb der Papst; Villiers versah die Wache des Conclave, aus welchem Clemens VII hervorging, der selbst in seiner Jugend Johanniter, und dem Orden immer zugethan gewesen war. Er gab den Rittern und ihren Unterthanen Viterbo zum Wohnsitz und Civita vecchia zum Hafen, bis nach langen Unterhandlungen Karl V dem Orden die Inseln Malta und Gozo übergab.
Von Villiers und Soliman sind authentische Berichte der Uebergabe erhalten; der Meister schreibt an seinen Neffen de la Rochepot-Montmorency:
„Mon nepveu, plusieurs foys vous ay escript du grand Turq qui nous tenoit assiégez en personne dès le XXVIe de juing dernier passé. Lequel voyant ne nous pouvoit prendre par bateries d'artilherie, mynes ne assaulx, à la parfin, levé qu'il nous a eu les deffences d'ung grand cartier de la ville, est venu picquer et abbatre la murailhe en laquelle a faict une grande bresche, par laquelle trente ou quarante hommes à cheval pouvoient entrer de front, et par icelle avec trenchées couvertes est entré plus de cent cinquante pas dedans la ville, non obstant deux contremurailhes et repaires avons faict à l'encontre, où a demeuré main à main avecques nous l'espace de trente six jours ou environ. Et voyant consommer ses gens, desquelz desjà avoit perdu plus de quatre vingtz mille, que tuez que mortz de malladie, craignant venir aux mains avecques nous, qui moyennant l'aide de Dieu en tous ces assaulx avons repoulsé, considérant les victoires consister en la volunté divine et non en la puyssance et multitude des hommes, nous a faict dire, si luy voulions rendre la ville, nous lairoit aller bagues sauves, et à ceux qui voudroient demeurer, feroit bonne companie, francz de tous tributz l'espace de cinq ans, sans jamais prendre de leurs enfans pour faire génissaires, comme faict ès autres parties de la Grèce à luy subjectes. Ce que plusieurs jours avons differé; à la parfin voyans qu'il nous estoit impossible pouvoir plus resister, veu que n'avions plus de pouldres, munitions et gens de faict, desmiz d'espérance de secours, lequel tant de foys avons demandé, ayans compassion de tant de menu peuple estant en nostre jurisdicion que avoit de passer par l'espée ou regnier la foy par contraincte, avons accepté le dit party lequel est procedé de grâce divine, veu l'avantage que nostre ennemy avoit sur nous, et les dommages et despences avoit souffert au siège, durant lequel n'avons eu ayde ne secours d'autre que de Dieu seulement.
Mon nepveu, ce jour de Nohel ledit grand Turq entra dans la ville, et le premier jour de l'an avons faict voyle noz navires désarmez, et après avoir passé en mer plusieurs fortunes, sommes arrivez tous esparz en ceste isle de Candie. Miz qu'ayons en ordre noz navires, irons devers nostre sainct père et le roy pour accomplir ce qu'il leur plaira disposer de nostre réligion pour service de la foy chrétienne. J'en escriptz au roy; je vous prie, mon nepveu, avoir tousjours nostre religion pour recommandée envers ledict seigneur, qui sera fin de la prèsente, après m'estre recommandé à vostre bonne grace, priant le Créateur vous donner le comble de vos désirs.
Escript à Castel de Candie, le VII de février. Vostre bon oncle et amy, le maistre de l'Ospital Saint-Jehan de Hierusalem. P. de Villiers l’Yle-Adam."
Soliman notificirte die Uebergabe von Rhodus den Venetianern in folgendem, durch Chassim-Bey überbrachten Briefe:
„Sultan Soliman Sach per la Iddio gratia imperatore grandissimo di Constantinopoli et imperator delle due Asia et Europa, et di Persia et d'Arabia, et di Soria, et della Mecha et di Gierusalem et di tutta la terra di Egitto, et di tutta la terra maritima signore et imperatore etc, allo illustrissmo et honoratissimo Doge della illustrissima signoria di Venetia, a M. Antonio Grimani, con la degna et conveniente salutatione et col conveniente amore, mandiamo alla V. illustrità.
Sappiate come alli giorni passati é mosso il mio imperio in viaggio, cioè contra Rodi, per dominarla, et la causa è per li malfattori et corsari et tristi huomini che haveva et salvava et habitava proprio là; et ogni giorno operavano molti latrocinii et tristitie alli navilii et Musulmani. Et per questo il nostro imperio andò et assediò quellai, et le havemo date battaglie terribilissime, et voltassimo li suoi fundamenti sotto sopra; et havemo ruinati et amazzati molti di essi; et vedendo che gli tollevano per forza di spada, ne hanno fato deditione essi, et ne hanno consegnata la terra con tutta la isola, et similmente tutte le isole che havevano, con conditione che 'l gran maestro et tutti li suoi frieri possino andar dove lor piace con la lor familia et facultà.
Per tanto per haver buona amicitia con la V. illustrità, mandiamo il presente nostro schiavo Chassimbei credenzier, per notificarvi della salute mia et del nostro valere. Scritta in corte della nostra imperiale autorità, nella terra di Rodi alli XXIX di dicembre MDXXII.”
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